Es war Sommer. Ich rauchte, tanzte zu den bunten Lichtern an den Wänden. Irgendwann wurde es hell und ich müde, verabschiedete mich. «Sicher, dass du schon gehen willst?» Ja, ich denke schon, lachte, weil ich in herzliche Umarmungen gewickelt wurde, packte meine Sachen und ging die Treppe hinunter in den Innenhof, wo mein Fahrrad stand. Dort sah ich zwei Männer, pissten angelehnt an die Hauswand. Na toll, dachte ich, an denen muss ich jetzt vorbei, überlegte kurz, ob ich mei Fahrrad doch erst morgen holen soll. Ach was, stell dich nicht so an, das passt schon, lief mit schnellem Schritt an ihnen vorbei. Vielleicht sehen sie mich nicht. «Hey! Hey du!» Mist. «Komm her! Es gefällt dir sicher, was du siehst!» Ich konnte nichts erwidern. Was hätte ich sagen sollen? Sagen wollen? Es gäbe tausend Dinge, und keines fiel mir ein, ging schweigend zu meinem Fahrrad, schloss es auf und fuhr davon, während ihr Lachen in meinem Kopf nachhallte; spürte den warmen Fahrtwind und das unangenehme Gefühl, das an mir nagte. Das Gefühl, schwach zu sein, nicht schlagfertig, nicht selbstbewusst genug.
Das Gefühl, im falschen Moment am falschen Ort gewesen zu sein; dass es irgendwie mein Problem ist, dass ich nicht stark genug bin, den Kommentar nicht einfach wegstecken zu können. Sie haben’s ja nicht so gemeint.
Ich bin wütend. Wütend, dass ich den Fehler bei mir suche, dass ich mich klein mache, dass ich denke, mich klein machen zu müssen, um nicht aufzufallen, nicht zu provozieren, obwohl sie den Raum einnehmen, der ebenso mir gehört.
29. November 2021
Ausgabe 1, S 148