Glossar
Wir hoffen, dass wir mithilfe dieses Glossars (für das Buch) allen einen Zugang zur gendergerechten Sprache ermöglichen können. Das bedingt Geduld und vor allem eine gewisse Fehlertoleranz mit uns selbst und mit unserem Gegenüber.
Das Glossar ist nicht fertig und nicht absolut, es wächst mit jeder Ausgabe weiter. Umfangreichere und ausführlichere Sammlungen mit Begriffserläuterungen gibt es viele. Einige Quellen, auf die auch wir uns gestützt haben, findest du hier aufgelistet:
Amnesty International
Feministisch
Like A Girl Magazin
Missy Magazine
Nonbinary
Queer Lexikon
Transgender Network Switzerland
B
- binär, non-binär: binär kommt vom lateinischen bina und steht für doppelt, paarweise. Im Kontext von Gender bezieht es sich auf ein Geschlechtersystem, das davon ausgeht, dass es nur die zwei Geschlechter „Frau“ und „Mann“ gibt. Für Menschen, die sich nicht (oder nicht gänzlich) in einer dieser Kategorien wohlfühlen werden die Begriffe non-binär oder queer gebraucht.
- Binäres Geschlechtermodell: Dieses Geschlechtermodell beschreibt die Annahme und sprachliche Angewohnheit, dass es nur zwei (soziale) Geschlechter gibt – Mann und Frau. Das schliesst ein grosses Spektrum an gleichwertigen Personen mit Geschlechts- und Genderidentitäten über die Grenzen von “Frau und Mann” aus, die im Überbegriff non-binär zusammengefasst werden.
- Binnen-I: Das Binnen-I ist eine Schreibweise von Personenbezeichnungen, die es ermöglicht, die Geschlechter männlich und weiblich sprachlich gleich zu behandeln. Nach dem männlichen Wortstamm wird direkt die weibliche Endung angehängt, aber mit grossem “i”: SchreinerIn, LäuferIn, DiebIn. Diese Schreibweise schliesst allerdings nur zwei Geschlechter mit ein.
- Butlers Geschlechter-Kontinuum: Judith Butler ist eine Philosophin und feministische Theoretikerin, die mit ihren Veröffentlichungen einen wichtigen Beitrag zum Grundstein für feministische Theorien und Geschlechterforschung legt. Zu ihren bekanntesten Werken zählen beispielsweise die Bücher “Das Unbehagen der Geschlechter (1990)” oder “Körper und Gewicht (1993)”. Butler verwendet den Begriff des Kontinuums im Sinn von etwas Zusammenhängendem, um aufzuzeigen, dass eine dichotome Trennung zwischen Mann und Frau schädlich ist.
C
- cis Frau: Siehe cis Person
- cis Person/cisgender: Cis Frauen oder cis Männer werden Personen genannt, deren Geschlechtsidentität die gleiche ist, wie jene, die ihnen bei der Geburt zugewiesen wurde – im Gegensatz zu trans oder non-binären Personen.
- Community: Das englische Wort für Gemeinschaft kann für eine Interessens-/Glaubensgemeinschaft stehen. Die LGBTQIA+ Community vereint Personen, die sich nicht mit dem heteronormativen und binären Geschlechtermodell identifizieren.
F
- Femtech: Femtech steht für Female Technology. Femtech-Produkte und Services kümmern sich um jegliche Themen rund um die Frauengesundheit. Dies umschliesst Reproduktionsmedizin, Schwangerschafts- und Neugeborenen-Services, Becken- und Uterus-Gesundheit und allgemeine Frauengesundheit und Female Wellness[1]. (Mühlhausen, Corinna. Health Report 2020. Frankfurt, 2019. Zukunftsinstitut GmbH https://www.zukunftsinstitut.de/suchergebnisse/?tx_auwsolrsearch_suchergebniss%5Bq%5D=femtech)
- Frau: Wenn wir von Frauen sprechen, dann sprechen wir von allen, die sich ganz, teil- oder zeitweise als Frauen identifizieren (siehe Gender). Dasselbe gilt für den Begriff „Mann“.
- Frölein: „Fräulein“ ist die Verkleinerungsform von Frau und war früher die förmliche Anrede für ledige Frauen. Feministische Bewegungen wehrten sich in den 1970ern gegen diesen Ausdruck mit dem Wunsch nach sprachlicher Gleichberechtigung. Mittlerweile ist er aus der Amtssprache entfernt und nur noch mündlich hin und wieder zu hören. Fräulein ist despektierlich, weil es in der Verkleinerungsform steht, weiter das sächliche Genus (das Fräulein) etwas Objektifizierendes hat (wie bei „das Weib“) und es impliziert, dass eine Frau erst dann als vollwertige erwachsene Frau gilt, wenn sie verheiratet ist.
G
- Gatekeeper:in: Gatekeeper:innen nutzen eine Machtposition, um darüber zu entscheiden, wer Zugang zu einer Community, Räumen oder Ressourcen hat und wer nicht.
- Gender, auch Soziales Geschlecht: Das Gender ist im Gegensatz zu Geschlecht etwas sozial und kulturell Konstruiertes. Das eigene Gender hat mehrere Dimensionen: Körper, Identität, Ausdruck, Sexualität und Rolle (siehe Gender-Identität). Zwischen „Geschlecht“ (engl. „sex“) und „Gender“ zu unterscheiden betont, dass die verbreiteten Vorstellungen von Männlichkeit und Weiblichkeit gesellschaftliche Vorstellungen sind. Damit sind Zuschreibungen wie “Frauen sind technisch unbegabt und Männer können nicht kochen” gemeint.
Gender ist aus dem Englischen entlehnt, da es kein passendes Deutsches Pendant gibt. - Gender Gap: Ein Sammelbegriff für eine statistische Lücke in Zusammenhang mit dem sozialen Geschlecht. Er ist oft Ausdruck für eine Benachteiligung eines oder mehreren Genders. Zu den bekanntesten Gender Gaps gehören der Gender Pay Gap (beschreibt die unfaire Diskriminierung von Frauen bei der Lohnarbeit) und der Gender Data Gap (beschreibt die ungenügende oder falsche statistische Repräsentation von Frauen und nicht-binären Menschen). Siehe auch soziale Diskriminierung.
- Geschlechterordnung: Die Geschlechterordnung beschreibt die Dimension einer gesellschaftlichen Ordnung, bei der das Geschlecht massgebend für die Rolle einer Person ist. In herkömmlichen Diskursen wird der Begriff der Geschlechterordnung meist als Verweis auf das Patriarchat verwendet (siehe Patriarchat).
- Geschlechtsidentität/Gender-Identität: Die Geschlechtsidentität oder Gender-Identität beschreibt die von einer Person gefühlte Geschlechtszugehörigkeit. Die Geschlechtsidentität kann von dem bei der Geburt zugewiesenen Geschlecht abweichen (siehe Gender, cis Person, trans Person, non-binär).
- Gendern mit Doppelpunkt: In dieser Publikation haben wir uns als Kollektiv für den Doppelpunkt (“:”) für das Formulieren unserer Texte entschieden. Für jedes Symbol als Mittel zur Gender-Inklusion gibt es je nach Anwendung Vor- und Nachteile, die laufend neu abgewogen werden müssen. Wir haben uns im Sinne der Leserlichkeit von langen Fliesstexten für den Doppelpunkt entschieden.
- Gender-Pause: Für die Gender-Zeichen der geschriebenen Sprache (wie der Gender-Stern, oder der Doppelpunkt), wird das Wort in der gesprochenen Sprache mit einer kurzen Pause ausgesprochenen. Beispielsweise wird das Wort Autor:innen gesprochen als Autor innen.
- Der Gender-Stern, “*”: Der Gender-Stern ist ein Symbol, welches die Deutsche Sprache inklusiver macht. Sinn des Symbols ist es, eine Alternative zum Generischen Maskulinum und dem binären “Leserinnen und Leser” (siehe binäres Geschlechtermodell) zu bieten. Neben dem Stern werden oft auch der Unterstrich (“_”) und der Doppelpunkt (“:”, siehe Gendern mit Doppelpunkt) verwendet. Er wird als Pause ausgesprochen (siehe Gender-Pause).
- Das Generische Maskulinum ist, wenn bei Personenbezeichnungen die männliche Form gebraucht wird, die weibliche Form aber mitgemeint wird (Spieler, Doktor, Besucher). Das Generische Maskulinum reicht nicht aus, weil es den Mann als Standard darstellt.
H
- Hetero/Heterosexuelle Personen nehmen romantisches Interesse und sexuelle Anziehung gegenüber dem gegensätzlichen Geschlecht (Mann/Frau, siehe binär) wahr.
- Heteronormativität: Dieser Begriff bedeutet, dass davon ausgegangen wird, dass alle Menschen cisgeschlechtlich und heterosexuell sind. In einer heteronormativen Gesellschaft gibt es nur die zwei Geschlechter “Mann” und “Frau” und sie unterscheiden sich sowohl biologisch, als auch psychisch. Ihre Rollen in der Gesellschaft sind grundlegend unterschiedlich und ergänzen einander. Das führt zu einer gegenseitigen Abhängigkeit. Menschen, die nicht dieser Norm entsprechen, werden in einer heteronormativen Gesellschaft diskriminiert (siehe Soziale Diskriminierung).
I
- Intergeschlechtliche/Intersexuelle (inter) Personen lassen sich aufgrund ihrer körperlichen Geschlechtsmerkmale weder nur dem männlichen, noch nur dem weiblichen Geschlecht zuordnen.
K
- Kinks: Mit diesem Sammelbegriff werden unkonventionelle sexuelle Praktiken oder Vorlieben bezeichnet.
L
- LGBTQIA+ steht für “lesbian, gay, bi, trans, queer, inter, asexual” (engl. für lesbisch, schwul, bisexuell, trans, inter, asexuell). Das Plus steht dabei als Platzhalter für weitere nicht-heteronormative Geschlechtsidentitäten.
M
- marginalisiert: Die Marginalisierung beschreibt das Ausschliessen einzelner sozialer Gruppen aus dem wirtschaftlichen, politischen und kulturellen Leben. Dieser Prozess passiert unter anderem aufgrund von Diskriminierung (siehe Soziale Diskriminierung):
- MeToo/#MeToo: #MeToo ist ein von Tarana Burke ins Leben gerufener Hashtag, der 2017 von Alyssa Milano aufgegriffen wurde und folgend weltweite Aufmerksamkeit erlangte. Seither wird er als Slogan verwendet und gibt (in erster Linie) Frauen eine Plattform, um über eigene Erfahrungen sexueller Belästigung und Gewalt zu berichten.
- Misogynie: Gegen Frauen gerichteter Hass, Frauenfeindlichkeit.
N
- non-binär, nicht binär: Dieser Begriff bezeichnet Menschen, die sich nicht oder nur teilweise als Mann oder als Frau identifizieren. Non-binär ist sowohl eine Gender-Identität als auch ein Sammelbegriff für weitere Identitäten in Zusammenhang mit dem eigenen Gender, die aus dem binären Geschlechtermodell fallen.
P
- Pride (auch Queer-Pride, Gay Pride, LGBT Pride): Der Begriff “Pride” Umfasst die Selbstbestätigung, Sichtbarkeit, Gleichberechtigung und Würde von LGBTQIA+ als gesellschaftliche Gruppe.
- Patriarchat/Patriarchales System: Ein von Männern dominiertes soziales System.
Q
- queer: Dieser Begriff wird als Adjektiv gebraucht und ist ein Sammelbegriff für Geschlechsidentitäten oder sexuelle Orientierungen, die von der cisgeschlechtlichen und heterosexuellen Norm abweichen. Früher war queer ein Schimpfwort, inzwischen hat die Community es sich wieder angeeignet.
R
- Rape Culture: Engl. “Vergewaltigungs-Kultur”: Dieser Begriff aus der “zweiten Welle des Feminismus” um die 60er/70er Jahre, der beschreibt, dass und wie in Gruppen und Gesellschaften sexualisierte Gewalt toleriert und gefördert wird.
S
- Safe-Space: Safe-Space meinet einen Raum, der extra für marginalisierte Gruppen geschaffen oder definiert wird, in dem keine Diskriminierung (siehe Soziale Diskriminierung) gegenüber dieser Gruppe toleriert wird.
- Sexualität, auch sexuelle Orientierung: Die Sexualität beschreibt die Formen der Anziehung, die eine Person zu anderen Personen verspürt. Sie umfasst ein breites Spektrum an Emotionen und Verhaltensweisen in Bezug auf das (soziale) Geschlecht anderer.
- Sexismus: Das Wort Sexismus stammt vom englischen Wort “sex” für biologisches Geschlecht und steht für Diskriminierung aufgrund des Geschlechts. (siehe Soziale Diskriminierung).
- Soziale Diskriminierung beschreibt soziales Verhalten, das Menschen aufgrund von Merkmalen wie Abstammung, Geschlecht, Gender, Sexualität, Religion oder körperlichen Fähigkeiten schlechter behandelt.
T
- Toxische Männlichkeit (auch Toxische Maskulinität): Dieser Begriff bezeichnet das Konzept, dass in unserer Gesellschaft ein schädliches Modell für Männlichkeit besteht. Das äussert sich im Selbstbild von Männern, sowie deren Rollen und Verhalten in Beziehungen. Nach den Vorgaben toxischer Männlichkeit muss ein Mann stark und unnahbar sein. Er lernt Frauen zu bevormunden und jederzeit heterosexuellen Sex haben zu wollen und zu dürfen. Diese Elemente Toxischer Maskulinität bilden eine Grundlage für die Vergewaltigungskultur (siehe Rape Culture), die in erster Linie Frauen und non-binäre Menschen gefährdet. Sie schafft aber auch Vorurteile, die Männern schaden, beispielsweise dass Männer nicht Opfer sexualisierter Gewalt werden können.
- trans Person/transgender: Person, die sich nicht (oder nur teil- oder zeitweise) mit dem bei Geburt zugewiesenen Geschlecht identifiziert. Für Menschen, die transgender sind, wird die Formulierung trans Mensch/trans Person verwendet – im Gegensatz zu cis Personen.